Donnerstag, 27. August 2015

Der alte Hof




Ein alter Hof mit vielen Gebäuden. Früher wurde hier hart gearbeitet. Das Feld bestellt, die Hühner gehütet, die Schweine gefüttert, die Kühe auf die Weide getrieben. Da war keine Zeit zum Schönmachen. Einfach und praktisch musste es sein. Es gab keine großen Sprünge, alles war auf das Notwendigste beschränkt. Die Knechtkammer unterm Dach, die Zimmer für die Magd, die Bauern und deren Kinder. Deren Gesichter waren vom Wetter gegerbt, von der Sonne gebrannt, vom Wind getrocknet, vom Regen gefurcht. Im Keller waren die selbst angebauten Vorräte eingekellert. Gemüse, eingekocht, Kartoffeln in großen Stiegen gesammelt. Die Rüben dunkel und kühl gelagert, die Äpfel überwintert.

Ein hartes Leben, gekennzeichnet von kalter Feuchtigkeit und Dunkelheit im Winter, und von Fruchtbarkeit und Sonne und Regen im Sommer.

Die Zeiten vergehen.

Die Mauern, die so viel gesehen haben, sind stehengeblieben. Sie haben Wind und Wetter getrotzt, wurden an der ein oder anderen Stelle ausgebessert. Ein kleiner Anbau  kam hinzu.

Jetzt ist es ruhig geworden auf dem Hof. Stille schwebt vom Friedhof herüber, die Vögel erzählen jeden Tag aufs Neue ihre Geschichten. Der Hof, früher festgetretene Erde, beschmutzt mit Hühnerkot und Schlamm, ist nun eine grüne Wiese, voll mit blühendem Klee, gelbem Butterblumen  und Gänseblümchen. Der Blick geht ins Weite auf eine ungebändigte Wiese voller Grashalme, die sich wild und ungehemmt der Sonne entgegenstrecken. Ein prächtiger Holunderbusch trägt seine großen Dolden voller Blüten und verheißt heilende Kräfte. Es ist Frieden jetzt.

Ein kleiner Schmetterling mit orange-braunen Flügeln flattert über die Wiese, ernährt sich von deren Fülle. Die Bienen summen.

Der Apfelbaum ist alt geworden. Er trägt nicht mehr viele Früchte, aber die gibt er mit seiner ganzen Kraft, die er noch hat. Frisch schmecken sie, voller Saft und Energie. Im kleinen Gemüsegarten wird wieder angepflanzt. Dort wachsen zart errötende Erdbeeren, kraftvolle Kräuter und einige Blumen.

Der Wind streichelt zart die Gesichter, die Sonne wärmt die Haut. Es ist Leichtigkeit eingekehrt auf den alten Hof, der sich freut, neue Geschichten erzählt zu bekommen.


Thomsdorf, Juni 2014 

Bild: Enno E. Peter, Juni 2014

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